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"Leaver-Regelung": Neuerung bei der Besteuerung von Management-Beteiligungsprogrammen

Die Besteuerung von Management-Beteiligungsprogrammen ist seit geraumer Zeit ein sehr intensiv diskutiertes Thema in steuerlichen Betriebsprüfungen. Der BFH hat in einem aktuellen Urteil nunmehr Klarheit geschaffen, dass durch die Vereinbarung von sog. „Leaver-Klauseln“ Erlöse aus einem Management-Beteiligungsprogramm nicht automatisch voll steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auslösen. Vielmehr ist für die steuerliche Einordnung eines Management-Beteiligungsprogramms eine Gesamtschau aller maßgeblichen Sachverhaltsumstände erforderlich.

1. Management-Beteiligungsmodelle

Management-Beteiligungsmodelle sind ein wesentliches Element der Einbindung des Managements in das Akquisitionsprojekt von Private Equity-Investoren und zunehmend auch strategischen Erwerbern. Management-Beteiligungsmodelle haben nicht nur eine finanzielle Anreizfunktion, weil das Management am wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg der Transaktion und des erworbenen Unternehmens teil hat, sondern führen auch zu einer stärkeren Identifikation der am Kapital und damit unternehmerisch beteiligten Manager mit dem zu erwerbenden Unternehmen und seiner wirtschaftlichen Zukunft.1

Das Management übernimmt gemeinsam in der Regel einen Anteil zwischen 5 % und 15 % des rechtlichen Eigenkapitals an der Unternehmensgruppe. Da das wirtschaftliche Eigenkapital der Investition zusätzlich im Regelfall noch Gesellschafterdarlehen oder vergleichbare Sachverhalte umfasst, hat dies zur Folge, dass das Management im Normalfall insgesamt weniger als 1 % bis vielleicht 5 % des wirtschaftlichen Eigenkapitals übernimmt.2 Die Eigenkapitalbeteiligung des gesamten Managements wird üblicherweise aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in einem Beteiligungsvehikel, typischerweise einer GmbH & Co. KG oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gebündelt. Um den Zweck eines Management-Beteiligungsprogramms zu erfüllen, nämlich dass das Management am wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion teilhat, werden bei Management-Beteiligungsprogrammen üblicherweise sog. „Leaver-Regelungen“ vereinbart. Danach sind im Grundsatz „Good-Leaver“ Manager, die unverschuldet aus dem Unternehmen ausscheiden (z.B. Berufsunfähigkeit, Tod, Kündigung durch Manager aus wichtigem Grund, Pensionierung) während ein „Bad-Leaver“ jemand ist, der aufgrund eigenen Verhaltens ausscheidet (zB Eigenkündigung des Managers, ordentliche Kündigung durch die Gesellschaft, Kündigung durch Gesellschaft aus wichtigem Grund). Der Hauptinvestor erhält typischerweise das Recht, die Anteile der „Leaver“ zu erwerben (Call Option). Der Preis für den Erwerb beträgt beim „Good-Leaver“ typischerweise das Höhere aus Einstiegskosten und Marktpreis, während der „Bad-Lever“ das Niedrigere aus Einstiegskosten und Marktpreis erhält.3

2. Steuerliche Regelungen für Management-Beteili­gungsprogramme

Aus steuerlicher Sicht können Zahlungen aufgrund eines Management-Beteiligungsprogramms, an dem sich der Manager im Laufe des Investments beteiligt, grundsätzlich entweder als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder als Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifizieren. Während Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach dem individuellen persönlichen Steuersatz des Managers besteuert werden (bis zu 47,5 %); unterliegen Dividendeneinkünfte als Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich der Abgeltungsteuer iHv 26,375 %. Veräußerungseinkünfte unterliegen ebenfalls der Abgeltungssteuer oder – falls die Beteiligung des jeweiligen Managers am Eigenkapital 1 % oder mehr innerhalb der letzten fünf Jahre war, dem Teileinkünfteverfahren, was den Steuersatz auf bis zu 28,5 % erhöht. Im Falle von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist die jeweilige Anstellungsgesellschaft des Managers verpflichtet, Lohnsteuer einzubehalten, und zwar unabhängig davon, wer das Entgelt an den Manager zahlt.

Um sicherzustellen, dass die Einkünfte aus einem Management-Beteiligungsprogramm Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellen, ist es insbesondere erforderlich, dass das Management-Beteiligungsprogramm eine separate rechtliche Beziehung außerhalb des Anstellungsvertrages hat und dass der Manager der rechtliche und wirtschaftliche Eigentümer der über das Management-Beteiligungsvehikel gehaltenen Anteile ist.4 Dies ist anhand einer Gesamtschau der Struktur des Management-Beteiligungsprogramms zu beurteilen.

3. Entscheidung des BFH v. 5.11.2013 – VIII R 20/11

In seiner Entscheidung v. 5.11.2013 hat der BFH die Auffassung vertreten, dass die Vereinbarung von sog. „Bad-Leaver-Klauseln“ dazu führen kann, dass Einkünfte aus dem Management-Beteiligungsprogramm insgesamt als voll steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angesehen werden.5 Der Sachverhalt, der dem BFH-Urteil zu Grunde lag, war jedoch sehr spezifisch. So handelte es sich bei dem Instrument, das der relevante Manager erhalten hat, um ein Genussrecht und es wurde vereinbart, dass bei einem Ausscheiden des Managers aus der das Genussrecht ausgebenden GmbH das Genussrechtsverhältnis ohne Kündigung zum Ende des Kalenderjahres enden sollte. Zudem wurden die Genussrechtsbedingungen kurz vor Ausscheiden des Managers geändert.

Trotz der Besonderheit des Falles führte das Urteil des BFH in der Praxis zu erheblichen Unsicherheiten und insbesondere die Finanzverwaltung vertrat in Betriebsprüfungen und Anträgen auf Lohnsteueranrufungsauskünften vielfach die Auffassung, dass allein aufgrund der Vereinbarung von Bad-Leaver-Klauseln die Einkünfte aus Management-Beteiligungsprogrammen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sein müssen.

In seiner Entscheidung v. 20.5.20156 vertrat das FG Köln eine gegenteilige Auffassung und urteilte, dass allein aus der Vereinbarung von Leaver-Klauseln nicht der Schluss gezogen werden könne, dass Einkünfte aus dem Management-Beteiligungsprogramm Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind. Eine Gesamtwürdigung des Programms sei erforderlich.

4. Urteil des BFH v. 4.10.2016 – IX R 43/15

In seinem Urteil v. 4.10.20167 hat der BFH nunmehr die Auffassung des FG Köln bestätigt, dass es für die steuerrechtliche Einordnung eines Management-Beteiligungsprogramms auch weiterhin auf eine Gesamtschau ankomme. Die Tatsache, dass das Management-Beteiligungsprogramm nur einer bestimmten Gruppe von Angestellten der Unternehmensgruppe angeboten werde (z.B. nur leitenden Mitarbeitern) führe allein nicht dazu, dass Einkünfte aus dem Programm Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seien. Ebenso – so der BFH – führen Ausschlussrechte wie z.B. Leaver-Klauseln allein nicht dazu, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorliegen. Denn solche Rechte sind nach Ansicht des BFH Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und rechtfertigen für sich allein nicht die Annahme, dass dem Arbeitnehmer durch die Management-Beteiligung Lohn zugewandt werden soll. Auch Insiderkenntnisse der Beteiligten können nicht alleine dazu führen, das Programm der vollen Steuerpflicht zu unterwerfen.

Maßgeblich ist nach Auffassung des BFH (wie auch schon des FG Köln), ob bei einer Gesamtschau aller einschlägigen Sachverhaltsumstände davon auszugehen ist, dass die Erlöse aus dem Management-Beteiligungsprogramm auf der Grundlage einer Sonderrechtsbeziehung – nämlich der Kapitalbeteiligung – entstanden und durch diese im Wesentlichen geprägt worden sind.

5. Praxisfolgen

In der Praxis können nach dem neuen BFH-Urteil weiterhin Leaver-Regelungen in einem Management-Beteiligungsprogramm vereinbart werden. Es ist auch weiterhin grundsätzlich unschädlich, wenn ein Management-Beteiligungsprogramm nur bestimmten Arbeitnehmern der Unternehmensgruppe angeboten wird. Allerdings ist weiterhin für die Einordnung des Management-Beteiligungsprogramms aus steuerlicher Sicht die Gesamtschau des Programms entscheidend. So ist weiterhin insbesondere darauf zu achten, dass das Management-Beteiligungsprogramm separat von Anstellungsverträgen abgeschlossen wird, die Management-Beteiligung von den beteiligten Mitarbeitern zum Verkehrswert erworben wird, die Beteiligten das wirtschaftliche Eigentum an der Management-Beteiligung inne haben (also insbesondere Stimm- und Gewinnbezugsrechte) und ein Verlustrisiko tragen.

Die Reaktion der Finanzverwaltung auf das Urteil des BFH bleibt abzuwarten. Es ist jedoch schon jetzt zu erwarten, dass die Finanzverwaltung weiterhin ein kritisches Auge auf Management-Beteiligungsprogramme werfen wird.


* Text: Dr. Adalbert Rödding, LL.M., Rechtsanwalt und Steuerberater, ist Partner im Düsseldorfer Büro von Freshfields Bruckhaus Deringer LLP.

Zu Management-Beteiligungsmodellen vgl. im Einzelnen: Eilers/­Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl. 2016, 983 ff.; ­Mackensen in Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, Teil VI. 1 Rn. 1 ff.; Hochhaus/Weber BB 2012, 23.

Vgl. Mackensen (Fn. 1), Rn. 12.

3 Vgl. Mackensen  (Fn. 1) Rn. 50 ff.; Hohaus in Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, 2010, 220.

4 Vgl. Hohaus (Fn. 3), 227.

5 BFH v. 5.11.2013 – VIII R 20/11, DStR 2014, 258, dazu Hilbert BB 2014, 735; Pezzer BFH/PR 2014, 124.

6 FG Köln v. 20.5.2015 – 3 K 3253/11, DStRE 2016, 209.

7 BFH v. 4.10.2016 – IX R 43/15, DStR 2017, 247, Vorinstanz: FG Köln v. 20.5.2015 – 3 K 3253/11, DStRE 2016, 209.


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