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Bundesfinanzhof | Zu erwartende Entscheidungen von besonderer Bedeutung in 2017

Der BFH weist in seiner aktualisierten Entscheidungsvorschau auf Schwerpunktentscheidungen hin, mit denen im Jahr 2017 voraussichtlich gerechnet werden kann. Ein Überblick über die wichtigsten bevorstehenden Entscheidungen.

Hiernach ist in 2017 u.a. mit folgenden Entscheidungen zu rechnen:

Einkommensteuer

Rückstellung für die Rücknahme und Entsorgung von Energiesparlampen (I R 70/15): Seit 2005 sind die Hersteller gesetzlich verpflichtet, Elektro- und Elektronikgeräte abzuholen und zu entsorgen. Ob diese Verpflichtung es ermöglicht, für zukünftige Aufwendungen für die Entsorgung von Leuchtmitteln eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden und diese Aufwendungen damit bereits jetzt steuerlich geltend zu machen, wird der I. Senat in diesem Streitfall zu entscheiden haben.

Goldfinger (IV R 50/13): In dem Verfahren gründeten im Inland ansässige Personen in Großbritannien eine Personengesellschaft nach britischem Recht und unterhielten dort ein Büro. Zeitnah nahmen sie den kreditfinanzierten Eigenhandel u.a. mit Edelmetallen auf und erwarben zum Jahresende Gold im Wert von 30 Mio. $. Der IV. Senat wird zu entscheiden haben, ob mit dieser Tätigkeit ein Gewerbebetrieb unterhalten wird und sich in der Folge die Anschaffungskosten für das Gold tarifmindernd auf die deutsche Einkommensteuer auswirken können.

Pauschale Einkommensteuer für Geschenke als Betriebsausgabe (IV R 13/14): Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Schenkenden sind, dürfen den Gewinn des Schenkenden nicht mindern, wenn sie 35 € (vor 2004 40 €) pro Empfänger übersteigen. Gleichwohl hat der Empfänger den Vorteil zu versteuern, sofern die Geschenke zu steuerpflichtigen Einnahmen führen. Hierfür ist eine Pauschalierung der Einkommensteuer vorgesehen. In dem beim IV. Senat anhängigen Verfahren ist streitig, ob der Schenkende, der die pauschale Einkommensteuer für den Empfänger übernimmt, diese als Betriebsausgabe abziehen kann.

Berücksichtigung von Darlehensverlusten als nachträgliche Anschaffungskosten im Geltungsbereich des MoMiG (IX R 5/15, IX R 36/15, IX R 51/15): Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zählten zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 2 EStG u.a. auch Leistungen des Gesellschafters aus einem der Kapitalgesellschaft hingegebenen Darlehen, wenn dieses zivilrechtlich als eigenkapitalersetzend anzusehen war. Mit dem Wegfall des zivilrechtlichen Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG zum 1. November 2008 ist der gesellschaftsrechtliche Anknüpfungspunkt der bisherigen BFH-Rechtsprechung entfallen. Der IX. Senat wird daher zu entscheiden haben, ob und unter welchen Voraussetzungen auch künftig Verluste eines Gesellschafters aus einem der Gesellschaft gewährten Darlehen einkommensteuermindernd zu berücksichtigen sind.

Drei-Objekte-Grenze beim gewerblichen Grundstückshandel (X R 7/15, X R 8/15, X R 9/15): Der X. Senat hat in den Revisionsverfahren zu prüfen, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, wenn der Steuerpflichtige über einen Immobilienmakler zunächst vier von fünf Eigentumswohnungen anbietet, die von ihm in den davorliegenden Jahren saniert wurden, und er drei dieser Wohnungen in einem Zeitraum von drei Monaten verkauft sowie die vierte Wohnung zwei Monate später seiner Ehefrau schenkt. Zudem wird zu entscheiden sein, ob der Verkauf dieser Eigentumswohnung durch die Ehefrau sieben Monate nach der Schenkung zu berücksichtigen ist.

Kostendeckelung bei Firmen-PKW ab 2006 (X R 28/15): Die Höhe des pauschalen Nutzungswerts für die Privatnutzung von Firmen-Pkw wird auf die Gesamtkosten beschränkt. Im Revisionsverfahren ist zu klären, ob durch den Ausschluss der 1%-Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG für Pkw im gewillkürten Betriebsvermögen ab dem Veranlagungszeitraum 2006 nunmehr auch eine solche Deckelung zwingend auf 50% der tatsächlich angefallenen Kosten für diese Pkw geboten ist - insbesondere bei Gebrauchtwagen.

Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte (X R 62/14 und X R 12/15): Nach § 35 EStG wird die Gewerbesteuer pauschaliert auf die tarifliche Einkommensteuer angerechnet. Hierdurch wird insbesondere die Doppelbelastung gewerblicher Einkünfte mit Einkommensteuer und Gewerbesteuer gemindert. Die Anrechnung der Gewerbesteuer ist nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt. In den Revisionsverfahren wird zu entscheiden sein, ob diese Begrenzung der Steuerermäßigung bei Beteiligungen an mehreren Mitunternehmerschaften und bei mehrstöckigen Mitunternehmerschaften für jede Beteiligung getrennt (betriebsbezogen) oder zusammengefasst (unternehmerbezogen) zu ermitteln ist.

Teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts - strenge versus modifizierte Trennungstheorie (GrS 1/16): Wird ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten innerhalb der betrieblichen Sphären von Einzelunternehmen und Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) übertragen, ist dieser Transfer ertragsteuerlich dahingehend privilegiert, dass kein steuerbarer Gewinn entsteht. Auf Vorlage des X. Senats (X R 28/12) wird der Große Senat des Bundesfinanzhofs in dem Verfahren zur Reichweite dieser Steuerprivilegierung für den Fall Stellung nehmen, dass ein Grundstück teils privilegiert gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und teils gegen ein (nicht privilegiertes verbilligtes) Entgelt aus dem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer betrieblichen Personengesellschaft übertragen wird.

Nach der vom IV. Senat vertretenen sog. modifizierten Trennungstheorie komme es dabei nur dann zu einer Gewinnrealisation, wenn die Gegenleistung (Teilentgelt) den Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts übersteigt. Der X. Senat vertritt in seinem Vorlagebeschluss demgegenüber die Auffassung der sog. strengen Trennungstheorie. Danach komme es bei einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts stets zu einer anteiligen Gewinnrealisation, weil der Vorgang in einen entgeltlichen und einen (privilegiert) unentgeltlichen Teil aufzuteilen sei.

Betriebsausgaben eines nebenberuflich tätigen Übungsleiters (III R 23/15): Einnahmen aus der nebenberuflichen Tätigkeit als Übungsleiter sind bis zur Höhe des gesetzlich vorgesehenen jährlichen Freibetrags von 2.100 € (Streitjahr 2012) steuerfrei. Überschreiten die Einnahmen den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der nebenberuflichen Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen. In dem vorliegenden Verfahren wird der III. Senat entscheiden, ob die den Freibetrag übersteigenden Ausgaben aus einer nebenberuflichen Übungsleitertätigkeit als Betriebsausgaben zum Abzug zuzulassen sind, wenn die Einnahmen aus dieser Tätigkeit den Freibetrag unterschreiten.

Verlustverrechnung bei Einkünften aus Kapitalvermögen (VIII R 11/14): Der VIII. Senat wird prüfen müssen, ob Verluste aus Kapitalvermögen, die der sog. Abgeltungsteuer unterliegen mit positiven Kapitaleinkünften, die der tariflichen Einkommensteuer unterliegen, verrechnet werden können.

Steuerliche Berücksichtigung von Scheidungskosten (VI R 66/14, VI R 81/14 und VI R 19/15): Die Einkommensteuer wird auf Antrag ermäßigt, wenn dem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastungen). Ab dem Jahr 2013 sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen. Berücksichtigt werden nur noch solche Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. In den anhängigen Verfahren wird der VI. Senat entscheiden, ob Prozesskosten für eine Ehescheidung nach der gesetzlichen Neuregelung als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind.

Verfassungsmäßigkeit von § 35 EStG (VIII R 25/15): Dem VIII. Senat wird sich die Frage stellen, ob die Beschränkung der tariflichen Steuerermäßigung auf gewerbliche Einkünfte nach § 35 EStG gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verstößt.

Körperschaftsteuer

Förderung der Kunst bei Lagerung von Kunstwerken in Privaträumen (V R 51/15): Die Förderung der Kunst ist steuerrechtlich als gemeinnützig anerkannt. Der Bundesfinanzhof wird sich dazu äußern, ob es dafür ausreicht, dass eine Stiftung Kunstwerke in den Wohnräumen ihres Stifters aufbewahrt, wo sie der Allgemeinheit kaum zugänglich sind.

Gewerbesteuer

Besteuerung eines Fußballschiedsrichters (I R 98/15): Gegenstand dieses Verfahrens ist die bislang nicht höchstrichterlich geklärte Frage, ob ein national und international tätiger Fußballschiedsrichter gewerbliche Einkünfte erzielt und damit auch der Gewerbesteuer unterliegt. Zudem wird der I. Senat hinsichtlich der im Ausland geleiteten Spiele aller Voraussicht nach klären müssen, ob ein Schiedsrichter den besonderen abkommensrechtlichen Regelungen für Sportler unterfällt, die im Regelfall ein Besteuerungsrecht des Staates vorsehen, in dem der Sportler tätig wurde.

Umsatzsteuer

Rechtsirrige Beurteilung von „Bauträgerfällen“ – Korrektur nach § 27 Abs. 19 UStG (V R 16/16, V R 24/16): In einer Vielzahl sogenannter „Bauträgerfälle“ haben Steuerpflichtige und Finanzämter irrtümlich eine Umkehr der Steuerschuldnerschaft angenommen. Für die Korrektur dieser Fälle wurde mit § 27 Abs. 19 UStG eine besondere Vorschrift eingefügt, die mehrere teils hoch umstrittene Rechtsfragen aufwirft. Der Bundesfinanzhof wird dazu eine erste höchstrichterliche Entscheidung treffen.

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Besteuerung eines vom Erblasser nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs als Erwerb (II R 21/14): In dem Revisionsverfahren stellt sich u.a. die Frage, ob ein Pflichtteilsanspruch des Erblassers am Nachlass eines Dritten bei der Erbschaftsteuerfestsetzung des Erben zu berücksichtigen ist, obwohl der Erblasser zu seinen Lebzeiten den Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht hat.

Nichtanwendung des Ehegattenfreibetrags für beschränkt Steuerpflichtige (II R 53/14 und II R 2/16): In den Revisionsverfahren wird sich der II. Senat mit der Frage befassen, ob die Nichtanwendung des Ehegattenfreibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Höhe von 500.000 € für beschränkt steuerpflichtige Personen unionsrechtswidrig ist. Das Bundesministerium der Finanzen ist den Verfahren beigetreten.

Internationales Steuerrecht

Abzugsfähigkeit von Verlusten ausländischer Betriebsstätten (I R 2/15): Erzielt ein inländisches Unternehmen mit einer ausländischen Betriebsstätte Verluste, sind diese primär im Betriebsstättenstaat abzuziehen und können im Regelfall bei der inländischen Besteuerung nicht oder nur eingeschränkt geltend gemacht werden. In dem Streitfall wird der I. Senat u.a. darüber befinden müssen, ob eine solche Begrenzung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten - insbesondere vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union - mit den unionsrechtlichen Grundfreiheiten vereinbar ist. Vergleichbare Fragen stellen sich auch in den Verfahren I R 17/16 und I R 18/16.

Hinweis:

Eine Übersicht weiterer Verfahren, in denen voraussichtlich im laufenden Jahr 2017 mit einer Entscheidung gerechnet werden kann, finden Sie auf den Internetseiten des BFH. Sobald das Verfahren durch Urteil/Beschluss erledigt ist, führt das dort verlinkte Aktenzeichen auf den Entscheidungsvolltext.

Quelle: BFH online (il)

Foto: wikimedia User AHert (CC BY-SA 3.0)


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